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Donnerstag, 28.03.2024

Stillgewässer in Gladbeck

Cyanobakterienblüte Ehrenmalteich©Michael Korn

Eroberer der Urzeit - Der Siegeszug der Cyanobakterien in Gladbeck

Cyanobakterien sind einzellige oder zu Kolonien beziehungsweise Zellfäden verbundene, häufig sehr kleine, vorwiegend blaue oder olivgrüne aber auch rote oder schwarze zur Selbsternährung (Fotosynthese, Stickstofffixierung aus der Luft) fähige Bakterien. Das bedeutet sie haben die Fähigkeit, die lebensnotwendigen Stoffe aus Wasser, Kohlendioxid und anorganischen Salzen selbst aufzubauen. Lange Zeit wurde die Bezeichnung Blaualgen verwendet, da sie aber keinen echten Zellkern besitzen, war die Eingliederung in das Pflanzenreich (Algen) aus fachlicher nicht mehr zu halten. So kam es zur Umbenennung Cyanobakterien da sie verwandtschaftlich den Bakterien näher stehen. Bis heute sind etwa 2000 Arten wissenschaftlich klassifiziert.

Viele unserer heimischen Gewässer werden leider immer noch mit einer großen Menge an Pflanzennährstoffe (Stickstoffe, Phosphate) über ihre Grenzen der Belastbarkeit in Anspruch genommen. Diese Überdüngung führt in der Regel zu einem starken Algenwachstum das dementsprechend negative Folgen für das Gewässer wie extreme Trübungen, hoher pH – Werte, und als ultima Ratio das so genannte Umkippen des Gewässers zur Folge hat. In den letzten Jahren gesellen sich immer häufiger zusätzlich verstärkt Cyanobakterienblüten dazu. Einige dieser unscheinbaren Cyanobakterien haben es im wahrsten Sinne des Wortes in sich. Sie produzieren extreme starke Gifte (Cyanotoxine), diese sind Nervengifte, Lebergifte. Das sind Zellgifte die Allergien auslösen und eine Krebserkrankung bei Menschen verursachen können. Besonders verbreitet ist das Lebergift Microcystin. Einige Arten hohe Giftigkeiten in ihrer Entwicklungsgeschichte aufgebauten, um sich vor Fressfeinden (z. B. Zooplankton) zu schützen.

Was an maritimen Ökosystemen, wie der Nord – und Ostsee schon jährlich zum normalen Tagesgeschäft gehört, nämlich das Massenauftreten von Cyanobakterien, wird sich auch an unseren heimischen Süßwasserstillgewässern in der Zukunft zur Realität entwickeln. Wir sprechen hier von Organismen die sich in der Regel erst unter dem Mikroskop als Einzelorganismus eine optische Betrachtung erlauben. Massenauftreten von Cyanobakterienbefall ist daran zu erkennen an der charakteristischen Wasserfärbung z.B. grünliche Trübung, unangenehmen Geruch - fauliges abgestandenes Wasser - und am Auftreiben der Cyanobakterien an die Wasseroberfläche. Insbesondere bei schwülwarmen Wetterlagen mit hohen Wassertemperaturen neigen viele Arten zudem dazu, sich in dichten Schichten auf der Wasseroberfläche wie ein bleiches Leichentuch aufzurahmen. Der Vorgang wird als Scums bezeichnet. Insbesondere bei den Giftigen Arten dieser Bakteriengruppe ist die Folge des Auftreibens und Aufrahmens eine exorbitante Erhöhung der Giftkonzentration an der Wasseroberfläche. Solche Scumsbildungen stellen eine erhebliche gesundheitliche Gefahr von Tieren und Menschen bei dem Kontakt mit dem belasteten Wasser dar.

Wie nicht anders zu erwarten, ist der Mensch und sein Umgang mit der Umwelt der Hauptauslöser für diese komplexe Problem. Einer der Faktoren ist der Eintrag von Phosphaten aus der örtlichen Landwirtschaft. Hohe Phosphatwerte bilden, laienhaft ausgedrückt, den Treibstoff für eine Massenvermehrung der Cyanobakterien. Gleichzeitig hohe Wassertemperaturen treiben diese Prozesse der Massenentwicklung dann noch weiter an. Der Klimawandel (Erderwärmung) hat auch unsere Breiten erreicht; wie sprechen nicht davon, dass er kommt, sondern er ist schon da. Die Wassertemperaturen der Stillgewässer steigen im Jahresdurchschnitt stetig an, das zeigen viele Wassertemperaturmessungen an.                                                                       Michael Korn

Quälingsteich

Fischsterben Quälingsteich

Der Quälingsteich, ein Stillgewässer ohne Zukunft?

Die momentane Situation des Quälingsteichs mit einem Fischsterben Ende August 2009, ist wohl der vorläufige Höhepunkt einer negativen Entwicklung der Gladbecker Stillgewässer, die insbesondere für den Quälingsteich als ultima Ratio das so genannte Umkippen zur Folge hatte. Das Umkippen eines Stillgewässers wird durch Nährstoffanreicherung eines Gewässers, zum Beispiel durch die örtliche Landwirtschaft, bedingte Unterschreitung eines Mindestgehaltes an gelöstem Sauerstoff verursacht, durch die Zunahme Sauerstoff zehrender Abbauprozesse wie Faulschlammbildung und Zersetzung absterbenden Pflanzenmaterials noch beschleunigt. Den Lebensgemeinschaften wird faktisch die Sauerstoffgrundlage entzogen, so dass ein Leben in diesen Stillgewässern für höhere biologische Lebensformen wie z. B. Fische, unmöglich wird. Viele unserer heimischen Gewässer werden leider immer noch mit einer großen Menge an Pflanzennährstoffen (Stickstoffe, Phosphate) über die Grenzen ihrer Belastbarkeit in Anspruch genommen. Diese Überdüngung führt in der Regel zu einem starken Algenwachstum.Das Fischsterben am Quälingsteich mit 150 kg Fischleichen ist der vermutliche Endpunkt einer Entwicklung die sich schon über einige Jahre bei genauerer Betrachtung der Sachlage an diesen Parkteichgewässer angekündigt hat.

Im Juni 2007 kam es zur einer Cyanobakterienblüte mit der typischen Aufrahmung (milchiger Schmierfilm auf der Gewässeroberfläche) des Quälingsteichs, die dem Fachmann schon die ersten Hinweise gab, was sich da in der näheren Zukunft noch ereignen würde. Die Aufrahmungstendenzen an diesem Parkteichgewässer in Rentfort-Nord stellten sich interessanterweise dann ein, als das Neubaugebiet Berliner Straße / Uechtmannstraße auf einer ehemaligen landwirtschaftlichen genutzten Ackerfläche fertiggestellt wurde. Ist das Zufall? Oder spielt die oberirdische Entwässerung des Baugebietes durch Entwässerungsgräben mit anschließender Versickerung in der unmittelbaren Nähe des Quälingsteichs die Rolle, die das Fass zum Überlaufen gebracht hat? Diese Thematik bedarf vor Ort einer sachlichen und fachlichen Untersuchung durch Fachleute, die den Ursachen auf den Grund gehen sollten.

Nun folgte der zweite Akt: Im April 2008 betrat die Fadenjochalge in einer ausgeprägten Massenblüte mit fast 90% Abdeckung der Wasseroberfläche des etwa 0,6 Hektar großen Teiches und rückte in das Blickfeld des Betrachters. Das Massenauftreten von Grünalgen ist immer ein Warnzeichen für Probleme in der Gewässerökologie. Es weist auf hohe Nährstofffrachten hin. Bei diesem Massenwachstum werden zuerst zwar Nährstoffe gebunden, aber beim Absterben der Fadenjochalge werden die Phosphate wieder ans Wasser abgegeben. Um das zu verhindern, hatte die Teichgemeinschaft Gladbecker Angelvereine die Fadenjochalge aus dem Teich abgefischt.

Im August 2009 eroberte die Kleine Wasserlinse den schon reichlich überbelasteten Quälingsbachteich und sorgte für den ersten negativen Höhepunkt in diesem Unglücksjahr 2009. Unscheinbar und klein kommen die Wasserlinsengewächse (Lemnaceae) daher. Die im Volksmund auch als Entengrütze bezeichneten Wasserpflanzen wie zum Beispiel die Kleine Wasserlinse (Lemna minor) die auf dem Quälingsbachteich in Rentfort-Nord flächendeckend die Wasseroberfläche besiedelten, haben es im wahrsten Sinne des Wortes in sich. Diese Stecknadel großen Wasserpflanzen sind ein beliebtes Enten- und Fischfutter. Bedingt durch den hohen Nährstoffgehalt gelten die Wasserlinsen als wachstumsfördernd. Was man ihnen äußerlich nicht ansieht, ist die hohe Speicherfähigkeit für Radium. Die Konzentration kann 100- bis 600-mal so hoch sein wie im umgebenden Wasser. Ernähren sich z. B. Entenvögel überwiegend mit solchen Wasserlinsen und wird später dieser Vogel von Menschen verzehrt, erhöht sich die Radiumbelastung um das 10fache. In Notzeiten diente die Kleine Wasserlinse als Salat u. Suppengemüsebeilage und wurde auch als Viehfutter verwendet. Bei Stillgewässern wie dem Quälingsbachteich mit extremem Nährstoffüberschuss kommt es beim Vorhandensein der Wasserlinse zu einer explosionsartigen Vermehrung mit vollkommener Abdeckung der Wasseroberfläche. Haben die Gewässer zu viele Nährstoffe, so wachsen die Wasserlinsen zur Höchstform auf. Sie gehören auch zu den schnellst wachsenden Pflanzen der Welt und können ihre Blätterzahl alle zwei Tage verdoppeln. Dann können in zehn Tagen aus einem Blatt rechnerisch 1000 Blätter werden. Dem folgt schließlich der Zusammenbruch des Ökosystems Parkteich durch Sauerstoffmangel.

Am 27. August 2009 entwickelte sich bei einer schwülwarmen Witterung ein schicksalhaftes Geschehen mit massivem Fischsterben am Quälingsbachteich. Den Verfasser umwehten der Duft von abgestandenem Wasser und der Verwesungsgeruch von mehreren hundert toten Fischen. Barsche, Rotaugen, Zander und Hechte mit weit aufgerissenen Mäulern, die bäuchlings auf der Wasseroberfläche trieben, zeugten vom Todeskampf durch Ersticken. Die Teichgemeinschaft Gladbecker Angelvereine versuchte an mehreren Tagen mit aktiven Mitgliedern noch zu retten, was nicht mehr zu retten war. Auch die Gladbecker Jugendfeuerwehr wurde am Gewässer in Rentfort-Nord aktiv; sie sorgte dort für Wasserbewegung und gezielte Sauerstoffzufuhr.

Michael Korn